Bewegte Zeiten und kein Ende nach 1988
Es war mitten im Sommer, als die kleine Familie endlich mal mit Glück gesegnet schien, denn ...
Mitten im Dahlem des Ostens, in Berlin-Karlshorst - unfern des Berliner Funkhauses in der Nalepastraße - wollte eine junge Frau mit ihren Zwillingen zurück in ihre Heimat ziehen - nach Königs Wusterhausen.

Innerhalb von kurzer Zeit konnte so ein Wohnungstausch geplant und zur Zufriedenheit aller Beteiligten sehr schnell realisiert werden. An ein und demselben Tag tauschten zwei Familien die Wohnungen, was in DDR-Zeiten schon was heißen wollte.
Wo Licht, da leider auch meistens Schatten.
Licht: Wunderschön gelegene Wohnung mit Balkon, Blick nach allen Seiten auf grüne Bäume und Rasen, Kindergarten und Arbeit Schritte oder nur wenige Straßenbahnstationen entfernt von der Karlshorster Wohnung. Unbezahlbar.
Schatten: Christian musste sich zum fünften Mal an neue kleine Mitstreiter und Kindergarten-Tanten gewöhnen. Auch war die neue Wohnung wieder eine ganz alte, gebaut Anfang der 50er Jahre, noch ausgestattet mit alten Kachelöfen, die zwar Gemütlichkeit ausstrahlten, aber wieder viel Arbeit und Dreck machten.
Alsbald wurden diese Kachelöfen deshalb bei "laufenden Familienbetrieb" entsorgt, eine Außenwandgasheizung eingebaut, die dann kurze Zeit später wiederum durch eine Gasetagenheizung ersetzt wurde. Ebenso wie alte Fenster und Sanitäranlagen neuen weichen mussten.

Zumindest zog vorrübergehend etwas "Normalität" im Hause Heller ein.
Und Christians Neugierde und Wissbegierigkeit ließ die Herzen seiner Eltern vor Freude
immer höher schlagen.
Trotzdem bahnte sich etwas an, was anfangs keiner wirklich zu benennen mochte. Immer mehr Menschen verließen das Land - die DDR. Auch bei Hellers fragte man sich in Anbetracht dessen, wer wohl als letzter das Licht ausmachen würde, denn auch im Freundes- und Bekanntenkreis verabschiedeten sich immer mehr vertraute Menschen. Wobei sich damals keiner sicher sein konnte, besagte Freunde jemals wiederzusehen.
Im September '89 schienen Vater und Mutter dann ganz und gar verwirrt. Sie kauften Christian ein Puppentheater und spielten plötzlich mitten im Altweibersommer Weihnachten mit allem Drum und Dran.
Was war bloß geschehen?
Am 4. November demonstrierten erstmals so viele Leute auf dem Berliner Alexanderplatz, wie das bis dahin in der DDR niemals geschah, auch nicht denkbar gewesen wäre. Mutter Heller saß mit ihrem kranken Sohn vor'm Fernseher und wusste nicht mehr, warum sie eigentlich weinte. Aus Kummer oder vielleicht auch aus Rührung, weil sie das sah, was sie einfach nicht glauben konnte?
Am 9. November 1989 geschieht ein Wunder. [... ] || fällt die Mauer zwischen Ost und Weltdeutschland. [...]
Christian bekam dieses wahrscheinlich alles nur am Rande mit. Für seine Eltern aber änderte sich von da an das Leben von grundauf. Nichts mehr schien mehr so zu sein wie vorher. Sie lebten plötzlich mit ihrem kleinen Sohn Christian in einem anderen Land, obwohl sie dieses nie verlassen hatten, noch immer in der gleichen Wohnung lebten.
Vater und Mutter befanden sich über Wochen und Monate in einem andauernden Wechselbad der Gefühle. Sie waren endlich frei, konnten endlich richtigen Rundfunk machen, konnten überall hinreisen, konnten vieles von dem, was sie sich immer schon mal wünschten, kaufen. Und, und, und. Alles aufzuzählen würde den Rahmen dieser Website sprengen.